Zwei Seelen in meiner Brust

Die innere Zerrissenheit oder auch die beiden Seelen in meiner Brust

Ich habe neulich ein Zitat gelesen „The 2 things I love more than anything in the world is being with my kids and being without my kids“ und fühlte mich in einer besonderen Art angesprochen, denn es beschreibt meine Zerrissenheit auf eine sehr eindrucksvolle Weise. Denn meine Zeit mit bzw. ohne die Kinder ist ja genau gerecht aufgeteilt und ich hatte gerade mit dem zweiten Punkt ziemlich lange zu kämpfen.

Mama-Zeit

Ich habe nach der Trennung gefühlt ewig gebraucht, um mich auf mein neues Leben einzustellen. Irgendwie war ja vieles wie früher, wenn die Kinder da waren, habe ich mich um sie gekümmert und war selbstverständlich für alles zuständig. Und das jedes Wochenende. Jedes. Ohne Ausnahme. Vor allem morgens. Mein Ex-Partner hat die Kinder in der Regel nur auf Aufforderung übernommen oder hat sie in meiner Anwesenheit zuhause betreut und wie oft sie dann bei mir waren, kann man sich leicht vorstellen. Auf der anderen Seite konnte ich nach Absprache abends häufig weg und morgens hat er sie gelegentlich in den Kindergarten gebracht.

In meiner Erwartungshaltung müsste mein Leben „einfacher“ sein, da ich plötzlich so viel Freizeit habe und die Kinder-WE müssten ja so sein wie vorher. Aber weit gefehlt, sogar sehr weit. Die Kindertage fühlten sich 20-mal so anstrengend an wie vorher, dabei hat sich doch eigentlich nichts verändert. Ich ging mit den Kindern schlafen, stand mit ihnen auf und es hat wirklich lange gedauert, bis ich einen Rhythmus gefunden hatte, wie ich die Wochenenden gut für uns alle gestaltet habe. Ich habe für mich festgelegt, dass ich auch an meinen Kindertagen die Zeiten brauche, in denen ich – wenn auch nur kurz – mal durchatmen kann. Das habe ich auch während der Beziehungszeit gebraucht, nonstop zur Verfügung zu stehen empfinde ich mitunter als sehr kraftraubend, auch wenn ich häufig abends dachte, dass ich mich einfach nur anstelle.

Meine andere Hälfte

Meine andere Hälfte war plötzlich Single und alleine in einer Familienwohnung. Die Umstellung fand ich noch viel schwieriger, plötzlich fehlte mir die Fremdbestimmtheit, die mich vorher mitunter angestrengt hatte. Es wartete niemand mehr auf mich, wenn ich abends nach Hause kam. Es war abends so, wie ich es morgens verlassen hatte und es ging auch niemand in meiner Abwesenheit einkaufen o.ä. 

Theoretisch hatte ich wahnsinnig viel Zeit für all die Dinge, die ich in den letzten Jahren so gerne gemacht hätte und zu denen ich nicht gekommen bin. Praktisch fehlte mir für alles die Energie. Ich verstand plötzlich, dass ein großer Teil meiner Energie daher stammte, dass mein Ex-Partner zu vielen Dingen nicht in der Lage war und sie zwangläufig von mir erledigt werden mussten. Ich fühlte mich wahnsinnig erschöpft und hatte das Gefühl, vieles nicht mehr auf die Reihe zu bekommen. Die Dinge, die ich immer schon mal machen wollte, mussten also zunächst weiter ruhen. 

Zwei Seelen vereint…

Schritt für Schritt habe ich mich an mein neues Leben gewöhnt. Ich habe gemerkt, wie gut es mir tat, dass ich in meinen eigenen 4 Wänden keine Auseinandersetzungen mehr hatte. Ich musste mich mit niemandem abstimmen und konnte meine freie Zeit so nutzen, wie es mir in den Sinn kam. Dennoch habe ich zu Anfang meine Freizeit sehr häufig mit Aktivitäten vollgestopft, damit ich die Einsamkeit nicht spüren musste, die sich natürlich in mir breit gemacht hatte. 

Inzwischen ist das Gefühl der Zerrissenheit weitestgehend verschwunden. Ich bin eben 2 Menschen in einem oder lebe 2 Leben parallel. Und das ist auch okay so, ich kann beide Zeiten genießen und noch wichtiger, ich darf das auch. Ich muss nicht vor Sorge und Sehnsucht vergehen, auch wenn das andere an meiner Stelle machen würden. Ich muss mich nicht aufgerieben fühlen durch die Tage mit den Kindern alleine, nur weil das bei anderen so ist. Ich darf mich so fühlen, wie ich mich fühle.

Zusammengefasst habe ich folgendes gelernt:

  • Ich darf und muss mir auch in der wenigen Kinderzeit zugestehen, dass ich mal einen Moment durchatmen muss oder Zeit ohne sie verbringen darf.
  • Ich muss nicht alles in die kinderfreien Tage packen, sondern brauche auch hier Zeit, um durchzuatmen
  • Und am wichtigsten: ich darf beide Zeiten genießen und tue das inzwischen auch 

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